19 Dezember 2011

TYRANNOSAUR – Eine Liebesgeschichte

(GB 2011, R: Paddy Considine)

-Wer sind Sie? 
-Robert de Niro. 
-Wollen Sie etwas zu trinken, Robert? 
-F**k dich. 
-Soll ich für Sie beten? 
Keine Antwort.

Joseph -nicht Robert- ist ein harter Kerl. In den ersten Szenen von Tyrannosaur tötet er seinen Hund Louie und provoziert bei den Menschen in seiner Umgebung immer neue Wutausbrüche. Joseph hat kleine Augen, tiefe Falten und eine raue, spöttische Stimme. Doch sein Blick und sein Verhalten sind eher einem kleinen unartigen Schuljungen zuzuordnen, als einem älteren Mann. Er ist von der Welt und all dem lästigen Hundegebell genervt, merkt jedoch, dass seine gewalteinflössende Art nicht die richtige ist. Er fühlt sich schlecht, flüchtet und endet in Hannahs Wohltätigkeitsgeschäft. Warum gerade bei dieser liebevollen, gläubigen Frau, die sich die Frechheit erlaubt, ihn zu fragen, ob sie für ihn beten soll? Joseph kommt mit so viel Güte nicht klar, fühlt sich durch das Hilfsangebot klein und verletzlich und verpackt Hannahs Leben auf zynischer Art in ein frommes Klischee. Dabei wollte sie nur Gutes tun. Spätestens als sie sich daheim auf dem Sofa schlafend stellt als ihr Ehemann nach Hause kommt und mit dem Lichtschalter spielt, ahne ich dass etwas mit dem stereotypisierten Lebensstil nicht übereinstimmt. Entweder hat sie ein grosses Kind zu pflegen, oder es ist sogar etwas noch schlimmeres. Als der Einblick in Hannahs Leben deutlicher wird, stelle ich fest, dass Möglichkeit zwei zutrifft. Ihr persönliches Inferno wird von einem schmierigen kläffenden Teufel beherrscht, den sie vor einiger Zeit geheiratet hat und der in der Öffentlichkeit mit einer harmlosen und perfekten Maske auftritt. Die Tatsache, dass ihr Mann sie in Wirklichkeit nicht nur physisch verprügelt und missbraucht, macht ihre Angst vor dem Heimkommen verständlich. Hannahs Probleme mit ihrem Mann spitzen sich zu und sie flieht zu Joseph. Was sich als unlogisch offenbart ist, dass sie sich von Josephs Nähe nicht bedroht zu fühlen scheint. Dieser fühlt sich jedoch überfordert: er ist nicht nett und hat auch keine karitativen Intentionen. Zwei Welten treffen aufeinander und eine sonderliche Beziehung entwickelt sich zwischen den beiden, die sie bis an ihre überraschende Grenzen treibt. Gute Menschen können sich auch für einen Gewaltakt als Ausweg entscheiden und selbst die härtesten Kerle brauchen Zuneigung.Tyrannosaur thematisiert das Ende von Beziehungen, eigene Probleme, fremde Probleme, Wutausbrüche, Gewalt und Alkohol. Warum dann dieser Titel ... - Eine Liebesgeschichte? Zwischen Joseph und Hannah entwickelt sich keine romantische Beziehung – eher eine besondere Freundschaft. Hannah und Joseph finden den Mut zur Selbstgerechtigkeit, jeder auf eigener Art. Wenn es Considine bei der Titulierung nicht auf eine Ironie abgesehen hat, dann handelt es sich bei Tyrannosaur um eine andere Art von Liebe. Vielleicht Selbstliebe die dem Gebell -wörtlich genommen oder nicht- ein Ende setzt und einen Neuanfang möglich macht.

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