19 Dezember 2011

In Time

(USA, 2011, R: Andrew Niccol)

Pistolen sind kein Spielzeug

Es ist Nacht. Zwei junge Menschen sind von einer langweiligen Party in einer Villa an den Strand geflüchtet und baden im Meer. Der Mond scheint auf die Wasseroberfläche und auf ihrer Haut. Ihre Kleidung liegt am Ufer. Doch eine Sache konnten sie nicht abnehmen und diese stört eine Einstellung durch die grell leuchtende grüne Farbe: eine digitale Zeitanzeige, die beide an ihren Armen eingraviert haben und stark genug ist, um beide von unten zu beleuchten. Es ist unübersehbar: die Zeit ist am ablaufen.
Zeit ist präsent. Zeit ist wertvoll. Zeit ist so wertvoll wie das Leben selbst. Das schlägt Regiesseur Andrew Niccol in In Time vor. Will Salas, ein fünfundzwanzig Jahre jung gebliebener gutwillige Mann lebt in einer in Zeitzonen strukturierte Welt, in der Zeit die Währung ist. Hier stoppt die biologische Uhr bei fünfundzwanzig - der ewig verfolgte Traum der Jugend scheint in Erfüllung zu gehen. Danach läuft die Lebensuhr wortgetreu ab, bis man, beim Nullpunkt angekommen, durch einen dumpfen Todesschlag von innen, stirbt. Unser Held lebt in der ärmsten dieser Zeitzonen. Dort lebt er üblicherweise mit einem Tag Zeit und muss ansehen, wie eilende Menschen um ihn herum an keine Zeit kommen und sterben. Ein paar Zeitzonen weiter bewegen sich die Reichen im Zeitlupentempo und sind langweilige hundert Jahre alt. Die Armen sterben und die Reichen leben nicht. Die Welt ist ungerecht aufgeteilt. Und Will hat sich vorgenommen, diese Welt in Ordnung bringen.
Fortlaufend auf die Uhr sehen zu müssen und nichts anderes im Kopf haben, als an Zeit zu kommen, ist ein ungeheuer gruseliger Gedanke, der in Form eines Science-Fiction/Actionfilms dargestellt wird. Dennoch ist er nicht weit von der realen Welt entfernt. Vielleicht kritisiert Niccol unsere wirre Obsession mit der sinnvollen Zeitnutzung: „Verschwende deine Zeit nicht!“. Hatte Niccol diesen Spruch satt und wollte ihn verwirklichen um zu zeigen, was Zeit wirklich Wert sein kann, oder handelt es sich um eine Kritik des Kapitalismus? In Time: eine faszinierende Idee, ein schönes Geschenk ungeschickt verpackt. Superautos, Schiessereien, Verfolgungen auf Dächern: das gesamte Programm eines Actionfilms wird aufgeboten. Warum wird so ein origineller Ansatz durch so unkreativ, klischeehafte Elemente dargestellt? Vielleicht hätte man sich die übertriebene Verpackung sparen sollen.

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