19 Dezember 2011

Harold and Maude

USA, 1971
B: Colin Higgins 
R: Hal Ashby 
D: Ruth Gordon, Bud Cort


„Tssst! Möchtest du Lakritze?“ - So lernten sich Harold und Maude bei einer Beerdigung kennen.

Harold hat ein kindlich blasses Gesicht und dünne lange Beine, dennoch verrät seine schon stattliche Figur, dass er kein Kind mehr, sondern bereits ein junger Mann ist. Harolds wohlhabende Mutter verzweifelt über die Untätigkeit des unkonventionellen Sohnes, versucht sein Leben für ihn zu planen. Er hingegen redet nicht viel und zieht es vor, Beerdigungen fremder Menschen zu besuchen. Der Tod, das Todsein ist für Harold eine faszinierende Angelegenheit. Madame Marjorie Chardiu, oder einfach nur Maude, ist eine lebhafte, bunte, fröhliche und zierliche 79 Jahre junggebliebene Frau, die ihre geflochtenen Zöpfe immer hochsteckt trägt. Sie lebt in einem Zugwagon am Stadtrand und ihr Lebensmotto lautet: jeden Tag etwas Neues ausprobieren. Auch sie liebt Beerdigungen fremder Menschen. Denn dort schliesst und erfüllt sich der Lebenskreis. Harold steht für die neue, wohlhabende, amerikanische Generation von Jugendlichen Ende der Sechziger Jahre. Maude lässt die Polizei durch ihre naive Art, Regeln zu befolgen, alt aussehen und repräsentiert die Ideale der frühen 60er. Maudes freier Umgang mit fremden Eigentum, der Teil ihres bunten und unbeschwerten Lebensstils ist, lässt so manchen Polizisten staunen. Sie repräsentiert die altgewordene Aufstandsgeneration: die grossen Proteste sind jetzt klein und individuell. Collin Higgins vereint diese beiden Generationen in Harold and Maude. Es scheint überraschend, dass zwei so unterschiedliche Menschen, neben den Beerdigungsbesuchen und ihren exzentrischen Momenten auch noch andere Gemeinsamkeiten haben. Beide fallen aus der Rolle in einer Gesellschaft, die die Normalität anstrebt. Harold will die Aufmerksamkeit seiner Mutter. Maude passt sich, wie einst Bonnie and Clyde (USA 1968, Penn), den Regeln der Gesellschaft nicht an und rebelliert auf ihrer pazifischen naiven Weise. Harold und Maude wollen auf ihre besondere Art verstanden und akzeptiert werden – wollen sie das? Neben einer sehr sorgfältigen Cadrage fallen bei Harold and Maude die weiten Landschaftseinstellungen auf. Harold and Maude feiert die Ideale des New Hollywoods, was durch die episodische Erzählweise und die sprunghafte Montage zum Ausdruck gebracht wird. Letztere wird der Nouvelle Vague zugeschrieben werden, die nach dem klassischen Hollywood nicht leicht zu verstehen ist. Aber Maude rät, dass man nicht verzweifeln sollte, denn „bis man Ästhetik zu schätzen weiss, dauert es immer.“

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